Nach eigenen Angaben plant Deichmann im Jahr 2018 rund 230 Millionen Euro in Deutschland und in Österreich zu investieren, um eine hochwertige Vernetzung zwischen Deichmann online und dem stationären Einzelhandel herzustellen. Eine Erweiterung des Filialnetzes ist für Österreich nicht geplant. Mit diesem Schritt folgt Deichmann einem Trend, der auch in anderen Einzelhandelsbereichen zu erkennen ist.
Online-Schuhhändler sind Konkurrenten:
Deichmann und Zalando
In den vergangenen Jahren haben sich zahlreiche Online-Schuhändler etabliert. Das große Angebot und eine Vielzahl von maßgeschneiderten Dienstleistungen sichern einen guten Erfolg für Unternehmen wie Zalando. Sie stehen in direkter Konkurrenz mit dem Angebot von Deichmann, online wie offline. Um die digitale Entwicklung mit ihrem hohen Umsatzpotenzial voll auszukosten, konzentriert Deichmann sich zunehmend darauf, das Online-Geschäft auszubauen.
Deichmann in Zahlen und online in die Zukunft
Das Unternehmen wurde im Jahr 1913 von Heinrich Deichmann gegründet. Die erste Filiale befand sich in Borbeck. Damals konzentrierte sich das Geschäft vor allem auf die Reparatur von Schuhwerk. Kurz nach dem Ersten Weltkrieg begann das Unternehmen damit, eigene Schuhe herzustellen.
Heinrich Deichmann erkannte den Vorteil, Schuhe zu günstigen Preisen in einer Massenproduktion herzustellen. Im Jahr 1936 wurde die erste große Schuhfiliale unter dem Namen Deichmann eröffnet. Seither hat sich Deichmann zu einem weltweit tätigen Schuhgeschäft ausgeweitet. Im Jahr 2014 wurden rund 170 Millionen Schuhe über den Konzern verkauft. Vierzig Prozent des Gesamtumsatzes entfallen dabei auf den deutschen Markt.
Deichmann ist heute unter anderem auch Marktführer in Österreich. Dort hält das Unternehmen über 20 Prozent der nationalen Schuhverkäufe in seinem Namen. Im Jahr 2016 lag der Gesamtumsatz von Deichmann bei 5,6 Milliarden Euro. Davon wurden 248 Millionen Euro in Österreich umgesetzt.
Deichmann online: Das Geschäft verzeichnet einen Aufschwung
Deichmann gibt an, dass ein Grund für die aktuellen Umsatzzahlen die positive Entwicklung im Online-Geschäft ist. Um diesen Aufwärtstrend beizubehalten, wird der Fokus auf die Online-Expansion gelegt. Erst im Jahr 2011 hatte sich das Schuhunternehmen dazu entschieden, sein Angebot auch online im eigenen Shop zu verkaufen. Seit sich dieser Schritt als umsatzfördernd erwiesen hat, möchte das Unternehmen das mögliche Potenzial weiter ausnutzen.
Es sind bereits jetzt mehrere Filialen darauf ausgelegt, nach dem Omni-Channel-Prinzip zu agieren. In Deutschland sind es vier Filialen und in Österreich wird die Methode in einer Wiener Filiale getestet.
Omni-Channel-Filialen verbinden das Online-Angebot konkret mit dem Angebot in der Filiale vor Ort. Es erlaubt dem Verbraucher, direkt zwischen den beiden Verkaufskanälen zu wechseln. Unter anderem ist es möglich, für den Kunden die Verfügbarkeit von Artikeln am eigenen Tablet oder Smartphone für die Filialen zu überprüfen. Gleichzeitig können Mitarbeiter diese Features dazu nutzen, einzelne Produkte bei Bedarf umgehend von einer anderen Filiale zu bestellen.
Noch kann Deichmann keine Angaben dazu machen, ob sich die Umstellung auf Multi-Channel-Lösungen lohnt. Sowohl für die deutschen als auch für die österreichischen Filialen ist es noch zu früh, eine sinnvolle Aussage zu treffen.
Investition verzichtet auf Eröffnung von neuen Filialen
Für das Jahr 2018 liegt die geplante Investitionssumme bei 232 Millionen Euro. Ein Teil des Geldes wird nach Österreich fließen. Wie viel auf den ausländischen Markt abfallen wird, ist noch nicht genau definiert. In Deutschland betreibt Deichmann im Jahr 2017 rund 1650 Filialen. In Österreich sind es 175. Es ist nicht geplant, neue Filialen in Österreich zu eröffnen. Die Investition in das stationäre Angebot wird mögliche Modernisierungen umfassen.
Eine gezielte Vernetzung bietet Deichmann online große Chancen
Der moderne Einzelhandel muss alle Point of Sales abdecken. Stationär, online oder mobil, das Verkaufskonzept sollte umfassend aufgebaut sein. Da sich die Konsumwelt in einem drastischen Wandel befindet, sind durchdachte Langzeit-Optionen notwendig. Die zunehmende Nutzung von Online-Plattformen und mobilen Einkaufsangeboten übt einen hohen Druck auf den Einzelhandel vor Ort aus. Noch ist der Einzelhandel mit seinen Umsatzzahlen weit vor dem E-Commerce zu finden. Die Gründe dafür sind vielfältig:
- Hohe Conversion-Rate
- Umgehender Warenerhalt
- Individuelle Beratung
Die Conversion-Rate im stationären Einzelhandel liegt bei rund 50 Prozent. Dies bedeutet, dass 50 Prozent der Besucher in einem Laden auch tatsächlich etwas kaufen. Für Online-Plattformen liegt dieser Wert im Schnitt bei zwei Prozent. Viel Online-Nutzer besuchen die Shops lediglich, um sich über Produkte zu informieren. Offline haben die meisten Einkäufer bereits die Entscheidung getroffen, die gewünschte Ware zu kaufen. Sie schauen oft nur nach einem spezifischen Modell oder einen guten Preis, ein Einkauf wird in jedem Fall stattfinden.
Für Kunden ist es außerdem wichtig, die Waren vor dem Kauf zu sehen und anzufassen. Ein Service, der online nicht möglich ist. Im Shop wird die gekaufte Ware sofort mitgenommen und man kann sie zu Hause auspacken oder sofort nutzen. Bei Fragen stehen Berater zur Verfügung, die bei der Kaufentscheidung helfen.
Trotz dieser vielen Vorteile darf sich der Einzelhandel nicht darauf verlassen, dass er auf lange Sicht seine Vormachtstellung halten kann. Denn langsam aber sicher ändert sich mit dem digitalen Angebot auch das Verhalten der Konsumenten. Um nicht im Kampf um den Umsatz zurückzubleiben, ist es daher unumgänglich, eine gekonnte Verknüpfung zwischen Online- und Offline-Angeboten zu schaffen.
Deichmann online ist ohne Frage auf einem guten Weg mit dem Multi-Channel-Konzept. Und was für Deichmann gilt, ist auch für alle anderen Branchen relevant.
Einzelhändler sagen dem Onlinehandel den Kampf an
Nicht nur für Verkaufsriesen wie Deichmann ist es interessant, eine Online-Präsenz zu etablieren. Auch kleine Einzelhändler suchen zunehmend nach Möglichkeiten, ihre Waren auf allen Wegen zu vermarkten. Ein immer häufiger zu sehende Konzepte sind zum Beispiel lokale Online-Marktplätze. Blumenläden, Schuhläden oder Spielzeugläden vor Ort bilden ein Online-Netzwerk, über welches man die gebotenen Waren bequem bestellen kann. Abhängig vom Aufbau werden die Warenlieferungen anders abgewickelt:
- Abholung im Geschäft
- Lieferung durch den Händler
- Postalische Lieferung
Entsprechende Plattformen werden oft durch die betreffende Stadt selber gehandhabt. Ein absoluter Vorreiter dieser Bewegung ist Wuppertal. Die Plattform ist seit 2015 online und kann sich einer großen Beliebtheit erfreuen. Aber auch Mönchengladbach oder Wolfenbüttel bieten ähnliche Konzepte. Vor allem in kleineren Gemeinden und mittelgroßen Städten wird das Angebot von den Anwohnern sehr gut angenommen.
45.000 Händler könnten schließen
Betrachtet man die aktuelle Entwicklung vom Einzelhandel und E-Commerce, wird die Relevanz für das Deichmann-Online-Konzept schnell klar. Allein im Jahr 2016 konnte der Onlinehandel eine Umsatzstärke von 42 Milliarden Euro verzeichnen. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ist davon überzeugt, dass sich die Umsatzkraft der Online-Plattformen innerhalb der kommenden zehn Jahre verdoppeln wird.
Dies wird zulasten des stationären Einzelhandels gehen. Das Kölner IFH-Institut für die Handelsforschung gibt an, dass sie für die kommenden fünf Jahre mit der Schließung von etwa 45.000 Einzelhändlern rechnen. Dabei sind hier nicht alle Branchen eingeschlossen. Die Prognose bezieht sich auf:
- Sportartikelhändler
- Boutiquen
- Elektroläden
- Spielwarenhändler
Eine Möglichkeit, diesen Trend abzuwenden, ist die direkte Vernetzung von Online- und Offline-Angeboten. Omni-Channel-Lösungen könnten es dem Einzelhandel erlauben, den virtuellen Umsatz direkt mit dem Umsatz vor Ort zu verknüpfen.
Wie sehen Omni-Channel-Lösungen aus?
Es gibt bereits heute eine Vielzahl von erfolgreichen Konzepten, die das Potenzial der Omni-Channel-Angebote bestens ausnutzen. Wer heute im Deichmann-Online-Shop unterwegs ist, der erwartet zum Beispiel ein identisches Angebot zur Filiale, das im Idealfall durch zusätzliche Schuhe für Damen und Herren ergänzt wird.
Dank der Anbindung in den Testfilialen von Deichmann ist dies im vollen Umfang gegeben. Kunden können darüber hinaus erwünschte Produkte sofort bestellen. Dieser Schritt ist allerdings nur ein erster Schritt in die richtige Richtung. Andere Anbieter sind weitaus besser aufgestellt.
So gibt es Apps, die dem Kunden das Scannen von Barcodes vor Ort ermöglichen. Wurde der Code gescannt, wird ein Produktvideo auf dem Tablet oder Smartphone abgespielt. Anschließend kann sich der Kunde dazu entscheiden, die Ware vor Ort zu kaufen, oder online zu bestellen; wenn zum Beispiel eine Lieferung bevorzugt wird, oder online andere Farben erhältlich sind. In beiden Fällen bleibt der Umsatz innerhalb des Unternehmens.
Deichmann online: Alle Möglichkeiten anbieten
Oftmals geht es für die Multi-Channel-Angebote nicht nur darum, jeden Verkaufsweg optimal auszunutzen. Kunden möchten wissen, dass sie bei Bedarf die Wahl haben, zwischen mehrere Optionen zu wählen. Dieses Wissen allein ist ausreichend, um das Gesamtangebot positiver zu betrachten. Auch wenn es anschließend nicht dazu führt, dass ein neuer Verkaufskanal genutzt wird. Der Verkauf bleibt also im Einzelhandel vor Ort.
Die Art der Präsentation ist für Deichmann und alle anderen Online-Shops ebenfalls wichtig. Exklusive Angebot, hochwertige Sales und maßgeschneiderte Dienstleistungen sind wenig Wert, fühlt sich der Kunde nicht angesprochen. Warum einen Schuh bei Deichmann online bestellen, wenn er doch auch in der Filiale erhältlich ist?
Besser einen Schuh bei Zalando bestellen, denn den bekommt man nur im Online-Shop! Das Verkaufspotenzial für diesen Schuh fällt also auf den reinen Online-Händler. Der Bedarf für das Multi-Channel-Angebot wurde nicht richtig kommuniziert.
Fazit: Multi-Channel-Strategien sind die Zukunft des Einzelhandels
Es ist davon auszugehen, dass Deichmann nicht der einzige Einzelhandelskonzern ist, der in den kommenden Jahren ein nennenswertes Budget für den Ausbau der eigenen Online-Plattformen aufwenden wird. Wer nicht rechtzeitig reagiert, der verschenkt ein hohes Umsatzpotenzial. Auch besteht die Gefahr, den Anschluss an die neue Konsumwelt ganz zu verlieren.
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