Der Sonntag soll ein Ruhetag bleiben, meinen die einen. Geöffnete Geschäfte an Sonntagen könnten die Wirtschaft ankurbeln, meinen die anderen. Die Argumentation ist auf beiden Seiten durchaus plausibel. Gesellschaft und die Politik sind momentan noch gegen geöffnete Ladentüren an Sonntagen.
Egal, was Kunden kaufen möchten, online erhalten sie es schnell, einfach und manchmal sogar günstiger. Allerdings bereitet das Online-Geschäft den Einzelhändlern Probleme. Diese suchen natürlich nach Möglichkeiten, dem entgegenzuwirken. Geschäfte auch sonntags für die Kunden aufzuschließen, wäre z.B. eine mögliche Option. Die Einzelhändler müssen auf jeden Fall einfallsreich sein, denn nicht nur die Umsätze sind rückläufig, sondern auch der Cash Flow.
Was sagt der Cash Flow aus?
In der Wirtschaft bedeutet der Cash Flow, dass die Ertrags- und Finanzkraft eines Unternehmens verdeutlicht wird. Aber auch bei Aktionären ist der Cash Flow von großer Bedeutung. Denn letztendlich wird hiermit berechnet und angezeigt, welches finanzielle Potenzial das entsprechende Unternehmen haben wird.
Wer darf sonntags arbeiten?
Es ist gesetzlich geregelt, dass nur bestimmte Berufsgruppen regelmäßig am Sonntag arbeiten dürfen bzw. müssen. Hierzu zählen natürlich Polizei, Feuerwehr und Krankenhauspersonal. Darüber hinaus gesellen sich noch Theater und Landwirtschaftsbetriebe hinzu. Vom Frühling bis zum Herbst (also von April bis Oktober) ist es auch Eis- und Getränkeherstellern sowie Brauereien erlaubt, bis zu acht Stunden ihre Geschäfte zu betreiben.
Warum wird Sonntagsarbeit nicht erlaubt?
Das Arbeiten an Sonn- und Feiertagen ist in Deutschland durch das Grundgesetz eingeschränkt. In Artikel 139 heißt es: „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.“ Ausnahmen gibt es immer wieder. Allerdings gilt in den meisten Fällen, dass die Arbeit an Sonntagen nicht zulässig ist, wenn sie an einem Werktag verrichtet werden kann.
Wer genehmigt Sonntagsarbeit?
Das Grundgesetz können Einzelhändler und Unternehmer natürlich nicht brechen. Aber es gibt Möglichkeiten, es zu dehnen und zu biegen. Auch die Ladenöffnungszeiten werden gelegentlich in einzelnen Großstädten liberaler gehandelt. Hier erteilt man nämlich des Öfteren Ausnahmen. Zwar existiert das Ladenschlussgesetz schon seit 1956, aber seitdem wird es immer wieder ausgeweitet. Nach der Föderalismusreform im Jahr 2006 dürfen die Bundesländer selbst Ausnahmen genehmigen und über die Ladenschlussgesetzgebung mitentscheiden. Im Hamburger Stadtteil St. Pauli können Einzelhändler z.B. Sondergenehmigungen beantragen, um ihre Türen auch sonntags von 10 Uhr bis 24 Uhr zu öffnen.
Auch das Bundesland Hessen versuchte folgende Geschäfts- und Unternehmergruppen zur Sonntagsarbeit hinzuzufügen:
- Callcenter
- Versandhandelsfirmen
- Immobilienmakler
- Musterhaus-Ausstellungen
- Videotheken
- Bibliotheken
Allerdings entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gegen diese Ausnahmen und stärkte damit den Sonntagsschutz.
Wer darf sonntags öffnen?
Über die Ladenöffnungszeiten wird also weiterhin auf vielen Ebenen gestritten. Verkaufsstellen sind aber von dem Ladenschlussgesetz ausgenommen.
Hierzu zählen:
- Apotheken
- Tankstellen
- Bäckereien
- Blumenläden
- Restaurants und Cafés
- Feste, Volksfeste, Stadtmärkte, Weihnachtsmärkte etc. können ebenfalls Ausnahmegenehmigungen beantragen
Darüber hinaus können Ausnahmen für Öffnungszeiten auch auf bestimmte Regionen eingegrenzt werden. Hierzu zählen stark frequentierte Orte wie z.B.: Flughäfen, Bahnhöfe, Freizeitparks. Also Gebiete, wo auch an Sonntagen zwangsweise sehr viel Durchgangsverkehr durch Reisende und Touristen herrscht. Auch hier müssen sich die Einzelhändler jedoch an die vorgeschriebenen Öffnungszeiten halten. Wer ansonsten Waren außerhalb der regulären Öffnungszeiten anbieten möchte, muss die Genehmigungen beim entsprechenden Amt beantragen.
Wieso ist Sonntag Ruhetag?
Der Ruhetag geht schon auf einen der ältesten römischen Götter zurück, nämlich den Sonnengott Sol Invictus. Der unbesiegbare Sol war zwar 750 vor Christus noch eher unwichtig, gewann aber seit Anbeginn der neuen Zeitrechnung immer mehr an Bedeutung. Auch Juden- und Christentum trugen ihren Teil dazu bei.
Vom Sabbat zum Sonntag
So steht es nämlich im Alten Testament der Bibel: „Sechs Tage sollst du arbeiten, aber am siebten Tag sollst du ruhen.“ Ein Zitat, das sich allerdings zunächst auf den Sabbat aus der jüdischen Glaubenslehre bezieht und dort noch heute als Ruhetag gilt. Über mehrere Jahrhunderte war es der Samstag, der im jüdischen und später im christlichen Glauben die Woche abschloss. Mit dem Sonntag hatte dagegen die Woche schon wieder begonnen. Während im Judentum weiterhin der Samstag als Ruhetag galt, wurde im Christentum, dem später immer mehr Menschen folgten, der Sonntag zum Ruhetag. Den Evangelien zufolge, ist Jesus Christus nämlich an einem Sonntag wieder auferstanden.
Der Sonntag als Ruhetag im Mittelalter
Im Mittelalter war der Sonntag als Ruhetag quasi nicht existent. Erst später wurde der Sonntag durch die Kirche und Martin Luther wieder stärker hervorgehoben. Luther zufolge sollten vor allem ungebildete Menschen eine Chance erhalten, sich an diesem Tag mit dem christlichen Glauben auseinanderzusetzen. Mit der einsetzenden Industrialisierung im 18. und 19. Jahrhundert wandte man sich allerdings wieder mehr einer Arbeitswoche zu, die sieben Tage beinhaltete. Ende des 19. Jahrhunderts wurden jedoch die ersten Arbeitsgesetze und der Sonntag erneut als arbeitsfreier Tag eingeführt.
Was sind die Vor- und Nachteile, wenn Geschäfte sonntags öffnen?
Der Sonntag als Ruhetag hat also eine bewegte Geschichte, aber auch eine sehr lange Tradition. Kein Wunder also, dass die Öffnung von Einzelhandelsgeschäften an Sonntagen kontrovers diskutiert wird und es zahlreiche Argumente gibt, die dafür und dagegen sprechen:
PRO | CONTRA |
Im Internet kann rund um die Uhr und auch sonntags eingekauft werden. Der lokale Einzelhandel benötigt eine Strategie, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Ein regulärer verkaufsoffener Sonntag könnte hier helfen. | Verkäufer und Angestellte wären wesentlich stärker belastet.
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Stadtbewohner hätten die Möglichkeit, ohne jeden Zeitdruck auch am Wochenende einzukaufen oder einen Schaufensterbummel zu machen. | Der Sonntag hat traditionell auch eine Funktion für die Familie: Diese soll am Ruhetag im Vordergrund stehen und Zeit miteinander verbringen. Wenn ein oder beide Elternteile arbeiten müssen, ist dies leider nicht möglich. |
Stärkung der Kaufkraft, des lokalen Einzelhandels, der Innenstädte und somit der lokalen Wirtschaft. | Der erste Schritt zur stufenweisen Angleichung des Sonntags an die restlichen Werktage. Der Sonntag soll nämlich auch für die Strukturierung der Woche sorgen. Das gesamte Wochenende würde somit zunehmend an Wert verlieren, auch Freitage und Samstage. |
Längere Arbeitszeiten bedeuten für die Angestellten höhere Löhne sowie höhere Ansprüche auf Urlaub. | Nicht nur Festangestellte wären von einer Änderung des Gesetzes betroffen, auch Putz- und Wachdienste müssten sonntags arbeiten. |
Zwar bleibt während arbeitsreicher Wochen und Monate weniger Zeit für die Familie, dafür haben Eltern während der Urlaubszeit mehr Freiraum. | Das Sozialleben der betroffenen Mitarbeiter hätte zu leiden. An Mannschaftssportarten, deren Trainings, Spiele und Wettbewerbe auch an Sonntagen stattfinden, könnten Mitarbeiter z.B. gar nicht oder nur sporadisch teilnehmen. |
Kunden, die innerhalb der Woche wegen Zeitmangel selbst gestresst oder schlecht gelaunt sind, können sich sonntags entspannt auf Shopping-Tour begeben. Auch auf spontanen Shopping-Ausflügen wird häufig mehr Geld ausgegeben. | Berufsverkehr würde auch an Sonntagen stattfinden, was nicht nur zu Staus, sondern auch zur Lärmbelästigung für viele Anwohner führen würde. |
Die Wirtschaft könnte generell davon profitieren, weil mehrere, neue 400-Euro sowie Teilzeit-Jobs entstehen würden. Die Auszahlung von Arbeitslosengeldern könnte dadurch gemindert werden. | Überlastung und Überarbeitung des Personals könnte sich auch negativ auf die Kundenbetreuung auswirken. Dies wirkt sich wiederum rufschädigend auf den Händler oder das Geschäft aus. |
Ein regulärer, verkaufsoffener Sonntag würde sich auch positiv auf den Tourismus und deren Kaufkraft auswirken. Wochenendtouristen aus dem näheren Umland könnten auch spontan in deutsche Städte kommen, um dort einzukaufen und auf diese Weise für mehr Umsatz zu sorgen. | Überlastung und Überarbeitung würde auch negative Folgen für die Gesundheit des Personals bedeuten. |
Reguläre, verkaufsoffene Sonntage kurbeln den Handel und den Konsum an. Damit fließen auch mehr Steuergelder in die Staatskassen. | Angestellte des katholischen oder evangelischen Glaubens würden in massive Konflikte gestürzt werden und könnten vielleicht gar nicht weiter arbeiten. |
Tabelle: Auf der Pro- und Contra-Seite von regulären, verkaufsoffenen Sonntagen stehen jeweils sehr viele und wichtige sowie verständliche Argumente. Während die Pro-Seite eher wirtschaftlich argumentiert, wartet die Contra-Seite mehr mit Argumenten auf, die sich auf das Soziale, Menschliche und auch Religiöse konzentrieren.
Fazit: Der Sonntag als Ruhetag hat eine lange Tradition und wird sicherlich von vielen Menschen geschätzt. Dennoch gibt es einleuchtende und wirtschaftliche Gründe für den Einzelhandel, auch sonntags die Ladentüren zu öffnen. Zum Beispiel wäre es möglich, die Kaufkraft bei Einzelhändlern und lokalen Geschäften wieder anzukurbeln, die vor allem durch die Konkurrenz im Internet zu leiden hat. Andererseits hätte eine solche Entscheidung wiederum weitreichende Folgen für das Sozial- und Familienleben für Mitarbeiter im Einzelhandel.
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