Viele Führungskräfte sehen die guten Leistungen ihrer Mitarbeiter sehr wohl und nehmen diese als gegeben hin. Ein Lob ist in einigen Unternehmen nur selten zu hören.
Bewertungen überall: Nur nicht im Arbeitsleben
Wir bekommen überall Aufforderungen, Dinge zu bewerten. Es geht um Einkäufe, um die Leistungen von Anwälten und Ärzten, um Restaurants und Hotels. Doch im Job? Wie sieht es hier mit dem Feedback aus? Der Unterschied könnte krasser nicht sein und so verwundert es nicht, dass sich auf der einen Seite die Arbeitnehmer darüber beklagen, weder Lob noch anderweitiges Feedback zu bekommen, auf der anderen Seite die Führungskräfte, die seitens der Angestellten keine Rückmeldungen bekommen.
Meist sind Mitarbeitergespräche auf den einmal im Jahr stattfindenden Termin beschränkt, bei dem die Leistung des Angestellten grob besprochen wird und bei dem es darum geht, etwas mehr Gehalt herauszuhandeln. Als Feedbackkultur kann das wahrlich nicht bezeichnet werden!
Video: Feedback geben im Mitarbeitergespräch – Business-Tipps
Offenes Feedback für ein besseres Miteinander
Eine moderne Feedbackkultur ist vor allem für die Unternehmen wichtig, die sich offen für junge Talente halten wollen und die Wert darauf legen, für Fachkräfte attraktiv zu sein. Kritische Rückmeldungen sollten selbstverständlich sein und sich nicht an Hierarchien halten müssen. Schließlich mag die Vorstellung zwar toll sein, doch kein Chef kann wirklich immer alles richtig machen, die besten Entscheidungen treffen und das ganze Unternehmen komplett überblicken. Hilfreich sind spezielle Programme für die Personalentwicklung, die es inzwischen mehrfach auf dem Markt gibt.
Der Klassiker unter den Feedbackmöglichkeiten ist das Arbeitszeugnis. Gerade bei großen Unternehmen kann das Erstellen von solchen Zeugnissen sehr aufwendig für die Personalabteilung werden. Ein Programm mit dem die Arbeitszeugnisse jedes einzelnen Mitarbeiter organisiert werden können, erleichtert der HR-Abteilung die Arbeit sehr. Viele Unternehmen greifen auch heute noch auf diese klassische Feedbackmethode zurück. Vermutlich auch, weil sie um Einiges offizieller ist als offene Feedbackrunden.“
Gerade dann, wenn Veränderungen im Unternehmen anstehen oder gerade bewusst forciert werden, ist ein offenes Feedback wichtig. Zeigt es doch von Anfang an mögliche Hindernisse oder Prozesse, die in dieser Art nicht durchführbar sind. Ein Unternehmen, das sich dem Feedback stellt, wird damit lern- und konkurrenzfähiger, kann gezielter gelenkt und weiterentwickelt werden. Immerhin sind es die Mitarbeiter, die das Unternehmen ausmachen und auf deren Leistung es ankommt. Sie sollen nicht einfach „Dienst nach Vorschrift“ machen und ihre Aufgaben abarbeiten.
Aktives Mitdenken ist gefragt, die Angestellten sollen mögliche Veränderungen sehen und Optimierungspotenzial erkennen. Das geht aber nur im offenen Dialog und ohne Scheu, jemandem auf die Füße zu treten. Durch Rückfragen und Feedback fühlen sich die Mitarbeiter geschätzt und als gleichberechtigte Partner angesehen, auch wenn sie nicht auf einer Hierarchieebene mit dem Chef stehen. Das wiederum sorgt für eine verbesserte Motivation und für mehr Engagement auch bei Aufgaben, die nicht direkt zum Kernbereich des jeweiligen Angestellten zählen.
Welchen Mehrwert hat die Feedbackkultur?
Es ist Aufgabe des Chefs, eine vernünftige Feedbackkultur im Unternehmen zu etablieren und damit für einen entscheidenden Mehrwert zu sorgen.
Dabei stehen vor allem die folgenden Vorteile im Fokus:
- Lernpotenziale und Optimierungsmöglichkeiten werden schneller erkannt
- Prozesse und Arbeitsweisen können angepasst werden
- Beide Seiten bekommen Rückmeldungen zu ihrer Wirkung und zu ihrem Verhalten
- Störfaktoren werden direkt erkannt
- Vertrauen wächst
- Gemeinsame Ziele werden entwickelt
- Mitgestaltung und Mitdenken auf allen Ebenen werden gefördert
- Arbeitgeber werden attraktiver
Allerdings braucht eine gute Feedbackkultur auch Menschen, die sich darauf einlassen und ein gewisses Maß an Fingerspitzengefühl mitbringen. Niemandem hilft eine Rückmeldung, wenn sie wie die berühmte Axt im Walde daherkommt und jegliche Motivation niederstreckt. Wenn Führungskräfte schlecht vorbereitet sind, erreichen sie mit ihren Aussagen eher das Gegenteil und das Feedback ist weder hilfreich noch motivierend.
Sie wirken nicht mehr authentisch, agieren gezwungen und kraftlos. Hier entsteht der „meckernde Chef“, der immer etwas zu Nörgeln hat. Feedback heißt, über die Herausstellung der positiven Aspekte Kritik zu üben – fein, durch die Blume und dennoch verständlich.
Feedbackkultur als Programm für die Personalentwicklung nutzen
Die gesamte Unternehmenskultur ändert sich, wenn das regelmäßige Feedback üblich wird. Dieses muss gelebt werden und braucht einige Zeit der Entwicklung, ehe es etabliert ist. Hier ist die Führungsebene gefragt, die den Anstoß zur Feedbackkultur gibt und dafür sorgt, dass die Mitarbeiter in ihrem Vorankommen und der persönlichen Entwicklung nicht eingeschränkt werden. Denn es ist eine Tatsache, dass die Mitarbeiter abwandern, die sich nicht ernst genommen fühlen und denken, auf ihre Meinung würde kein Wert gelegt. Ein Mitarbeiter möchte mit seinem Unternehmen wachsen, ist das nicht möglich, wird er sich einen anderen Arbeitgeber suchen.
Es wird also ein sogenannten 360 °-Feedback gesucht, das für eine agile Unternehmensform ebenso steht wie für das Verschwinden von Hierarchien. Allerdings haben damit viele „alte“ Führungskräfte Probleme: Sie gehen davon aus, dass sie Veränderungen im Unternehmen nicht mitbekommen und dass sie in ihrer Funktion weniger wichtig sind, wenn die Mitarbeiter zunehmend eigenverantwortlich Projekte bearbeiten.
Video: Nie wieder Kaffeekochen: Selbstbewusste Sekretärin?! FRAUEN im VORZIMMER VOM CHEF
Das Problem sind jedoch nur die mangelnden Rückmeldungen, denn der letzte Verantwortliche ist und bleibt der Vorgesetzte. Es ist allerdings wichtig, dass Strukturen im Unternehmen klar sind und dass das Feedback auch Veränderungen offenlegt, die nicht immer von vornherein gewünscht sind oder absehbar waren. Scheitern muss erlaubt sein, allerdings kann sich kein Unternehmen leisten, dies mit Zeitverlusten zu erleben. Auch hier hilft das Feedback, denn wenn erkannt wird, dass eine Idee nicht wirklich gut ist, kann sie angepasst oder verworfen werden.
Die richtigen Rückschlüsse findet aber jemand, der nur für sich arbeitet und keine Rückmeldung von dritter Seite bekommt, meist nicht. Verschiedene Entscheider und Mitarbeiter müssen daher dazu beitragen, dass die richtigen Rückschlüsse gezogen werden und es möglich wird, aus Fehlern zu lernen. Das wiederum steht der klassischen Hierarchie in einem Unternehmen entgegen und verlangt neue Formen der Zusammenarbeit. Es werden Teams gebraucht, die zusammenarbeiten und gemeinsam zu einer Entscheidung beitragen.
Apps für Mitarbeiter nutzen
Um eine offene Feedbackkultur zu etablieren, bieten sich Apps als schnelle Lösung an. Sie werden jedem Mitarbeiter zur Verfügung gestellt und dienen dazu, sich mit Kollegen oder Projektverantwortlichen sowie mit den Vorgesetzten auszutauschen. Es geht hier nicht darum, einfach nur eine neue Software im Unternehmen einzuführen, sondern um eine kontinuierlich mögliche Bewertung der Leistungen aller Mitarbeiter und der Vorgesetzten. Das bringt sicherlich ein großes Umdenken mit sich, denn auf eine solche Lösung müssen sich alle erst einmal einlassen können. Doch die Erfahrung in Unternehmen, in denen derartige Apps bereits genutzt werden, hat gezeigt, dass sich die Leistungen der Mitarbeiter deutlich verbessern, wenn sie direkte Rückmeldungen bekommen. Das einmal jährliche Mitarbeitergespräch ist hier zu wenig.
Sogenannte Instant Feedback Apps können als Teil des Performance-Managements in das Unternehmen integriert werden, sind aber auch ohne derartige Programme nutzbar. Spätestens dann, wenn die Führungskräfte aufgrund der abgegebenen Bewertungen Boni auszahlen, ist eine Hemmschwelle für die Mitarbeiter erreicht. Wer will schon ehrlich sein, wenn das Geld davon abhängt? Oder wenn jemand eine Beförderung nicht bekommt, auf die er lange Jahre hingearbeitet hat, weil Mitarbeiter xy etwas Negatives über ihn gesagt hat. Solche Instant Apps können daher nur als Bestandteil der Feedbackkultur gesehen werden und dürfen diese nicht allein ausmachen.
Video: Feedbackgespräch – 11 bemerkenswerte Statistiken die du kennen solltest
Feedback nach dem Meeting ist wichtig
Meetings sollen dazu beitragen, dass jeder im Unternehmen weiß, wie der aktuelle Stand der Dinge ist. Welche Projekte werden gerade bearbeitet, was ist noch zu erledigen? Welcher Kunde wird gerade zum Problem und an welcher Stelle des Unternehmens hakt die Bearbeitung? Allerdings treten hier oftmals lange Monologe und kaum sachdienliche Diskussionen auf, was die Effektivität eines Meetings herabsetzt. Abhilfe schafft das Feedback unmittelbar nach dem Meeting, durch das Kollegen für ihr ergebnisorientiertes Arbeiten gelobt werden können. Wichtig ist, dass es dabei nur zu konstruktiver Kritik kommt, denn nur dadurch kann eine Verhaltensänderung des Betreffenden erwirkt werden.
Was für den einzelnen Mitarbeiter gilt, gilt auch für die gesamte Organisation des Unternehmens. Wenn Verwaltung und Chefebene regelmäßig Feedback bekommen, kann sich die Leistungsfähigkeit der Firma deutlich erhöhen. Daher sollten regelmäßige Kurzumfragen zum festen Bestandteil der Feedbackkultur werden, damit lassen sich steuerungsrelevante Hinweise für die Führung des Unternehmens erhalten. Allerdings sollte nun kein Unternehmen damit anfangen, die eigenen Mitarbeiter mit Umfragen oder Bitten zur Meinungsäußerung zu überhäufen. Damit ist niemandem gedient, schon gar nicht den Angestellten, die neben dem Erbringen eines konstruktiven Feedbacks auch noch ihren Job erledigen müssen.
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