Medien decken Zuflüsse von Schwarzgeld in Milliardenhöhe auf. Russische Briefkastenfirmen stehen vermutlich dahinter. Deutschland besitzt in der Europäischen Union den größten Geldwäschemarkt mit einem Volumen von über 100 Milliarden Euro jährlich. Der Kampf gegen Geldwäsche gestaltet sich indes schwierig, auch aufgrund von Steuerparadiesen wie Malta. Eine neue Truppe von Finanzminister Wolfgang Schäuble und eine Verschärfung der Gesetzeslage sollen die Effektivität im Kampf gegen Geldwäsche verbessern.
Schwarzgeld in Milliardenhöhe
Deutschland gilt in der Europäischen Union als das Land, das den größten Schwarzgeldmarkt besitzt. Das Geldwäschevolumen beträgt außerhalb des Finanzsektors jährlich mehr als 100 Milliarden Euro. Aufgrund von rechtlichen Lücken und einer schwachen Strafverfolgungs- und Aufklärungsquote ist Deutschland ein Paradies für Geldwäscher. Doch der Kampf soll nun wieder stärker aufgenommen werden.
Grund hierfür ist unter anderem der zunehmende öffentliche Druck und die aufgeflammte Diskussion um den richtigen Weg zum Kampf gegen Geldwäsche. Medienberichte der „Süddeutschen Zeitung“ hatten unlängst aufgedeckt, dass allein zwischen den Jahren 2010 und 2014 mindestens 20,7 Milliarden Dollar (rund 19 Milliarden Euro) an dubiosen Geldern von Russland aus in die EU geflossen sind.
Der Weg des mutmaßlichen Schwarzgeldes wurde mithilfe von Briefkastenfirmen in Großbritannien und höchstwahrscheinlich korrupten Richtern in der Republik Moldau geebnet. So konnte das Geld auf seriöse Konten im Westen transferiert und von dort aus im Einkauf genutzt werden. Von den Medien wurde das Geldwäscheverfahren daraufhin „Russischer Waschsalon“ getauft.
Video: Kampf gegen Geldwäsche in Deutschland | Made in Germany
Deutsche Unternehmen profitieren
Profitiert vom Weg, den das Schwarzgeld beschritten hat, hätten laut Markus Meinzer vom internationalen Netzwerk Steuergerechtigkeit allerdings auch die deutschen Unternehmen: „Das zeigt, wie anfällig ein System ist, das allein den Banken vertraut bei der Identifizierung problematischer Gelder.“Er betonte auch die mangelnde Verpflichtung von Luxusgut-Händlern, Verdachtsmomente für Geldwäsche anzuzeigen und sagte: „Wir müssen uns auch eingestehen, dass es Strafbarkeitslücken gibt.“
Im deutschen Geldwäsche-Vortatenkatalog würden Gelder aus Veruntreuung, Vorteilsnahme und Erpressung fehlen und nur bei bandenmäßiger Beschaffung teilweise erwähnt werden. Meinzer empfahl: „Ein öffentlich zugängliches Firmenregister macht die Hintermänner sichtbar. Die bisherigen Pläne der Bundesregierung gehen nicht weit genug.“ Er verwies ebenfalls kritisch auf die zersplitterte Aufsicht über die Einhaltung der Anti-Geldwäsche-Regeln: „Das gleicht einem Flickenteppich. Das ist eine kaum ernstzunehmende Aufsicht.“ Markus Meinzer sprach damit die viel zu geringe Personalausstattung in den einzelnen Bundesländern im Kampf gegen Geldwäsche an.
Zu wenige Kräfte
Der Nicht-Finanzsektor läuft unter der Kontrolle der Bundesländer. Geldwäsche-Geschäfte treffen besonders gern die Bereiche Immobilien- und Baugeschäfte, Kfz-, Boots- und Yachthandel sowie Käufe von Kunst- und Schmuck. Auch Hotel- und Gastronomiebetriebe sind häufig angesteuerte Bereiche, da sie einen hohen Bargeldfluss besitzen.Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) reguliert den Finanzsektor und überprüft ebenfalls Broker mit Sitz in Deutschland. Andere Binäre-Optionen-Broker, wie IQ Option, werden durch die zypriotische Finanzmarktaufsicht CySEC & Einlagensicherung reguliert.
Die Kritik des Steuerfachmanns Markus Meinzer ist bei einem Blick auf die Zahlen aber durchaus berechtigt:
- Lediglich 58 Vollzeitstellen für den Vollzug des Geldwäschegesetzes sind in Deutschland vorhanden
- Das Geldwäschevolumen in Deutschland bewegt sich bei mehr als 100 Milliarden Euro im Jahr
- Mindestens 28.000 Verdachtsfälle werden jährlich beim „Dunkelfeld im Nicht-Finanzsektor“ registriert
- Diese Zahlen existieren, obwohl Gütehändler und Modefirmen auch bei bargeldlosen Transaktionen verpflichtet sind, Verdachtsfälle zu melden.
Die Bundesregierung plant, mit einem Transparenzregister die Hintermänner der Briefkastenfirmen aufzudecken. Dieses Transparenzregister darf nur von folgenden Personen gesichtet werden:
- Personen mit „berechtigtem Interesse“
- Journalisten
- Nicht-Regierungsorganisationen
- Personen und Ämter, die prüfen, ob ein Risiko der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung besteht
Die „Süddeutsche Zeitung“ deckte im Geldwäscheverfahren aus einem Datensatz von rund 70.000 Überweisungen immerhin 662 Fälle auf, bei denen die Bezahlung über Briefkastenfirmen abgewickelt worden ist und die Güter im Einzelhandel von Menschen aus Russland, der Ukraine oder Weißrussland gekauft wurden.
Um die Missstände und die florierende Geldwäsche effektiver bekämpfen zu können, hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nun einen nächsten Schritt getätigt, auch aufgrund des öffentlichen Druckes.
Neue Einheit zur Bekämpfung von Geldwäsche
Alle 16 Bundesländer gemeinsam beschäftigen insgesamt nur rund 50 Schwarzgeldkontrolleure. Bei einem zentraleuropäischen Land mit mehr als 80 Millionen Einwohnern und einer bekannten Geldwäscheproblematik ist das ein fast schon absurder Wert. Hinzu kommen rechtliche Besonderheiten, wie zum Beispiel das Steuergeheimnis für Rechtsanwälte und Notare. Doch nun reagiert die Bundesregierung und stellt eine neue Einheit vor.
Die von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vorgestellte neue Truppe zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung besteht aus 100 Frauen und Männern, nennt sich „Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen – Financial Intelligence Unit (FIU)“ und soll ab dem 01. Juli zur Tat schreiten. Im nächsten Jahr soll die Einheit zudem um weitere 65 Arbeitskräfte aufgestockt werden.
Die Truppe besteht aus Ermittlern, Finanzanalysten, Wirtschaftswissenschaftlern und weiteren Mitarbeitern, die zur Datenkontrolle im Austausch mit anderen europäischen Partnerländern stehen. „Wir bringen mehr Licht ins Dunkel illegaler Geldströme“, sagte Wolfgang Schäuble sichtlich stolz.
Die bisherigen 25 Beamten aus einer Abteilung des Bundeskriminalamts (BKA), die Meldungen über verdächtige Finanztransaktionen entgegengenommen und bearbeitet haben, werden durch die neue Einheit künftig „noch besser und schlagfertiger und auch ein Stück weit noch effizienter sein“, sagte Schäuble.
Zu den Aufgaben der Finanzermittler wird es gehören, geäußerte Verdachtsmeldungen von beispielsweise Spielbanken, Immobilienmaklern, Juwelieren, Autohäusern, Jachtverkäufern oder Banken und Finanzdienstleistern zu prüfen und die entsprechenden Ermittlungen zu führen. Steuerparadiese wie der Inselstaat Malta erschweren allerdings die Arbeit, indem sie beispielsweise unzähligen Briefkastenfirmen ein Zuhause geben.
Video: Warum Deutschland ein Paradies für Geldwäscher ist
Steuerparadies Malta
Der Inselstaat Malta ist für zahlreiche Firmen ein Steuerparadies. Zwar sieht der Unternehmenssteuersatz mit 35 Prozent im ersten Moment hoch aus, jedoch können die Unternehmen nachträglich vom maltesischen Finanzamt rund 30 Prozent zurückfordern. Der effektive Steuersatz beträgt daher nur fünf Prozent.
Kein Wunder also, dass über 70.000 Tochterfirmen auf der Insel ihren Sitz haben. Zahlreiche Großkonzerne, auch aus Deutschland, drücken sich so vor enormen Steuerzahlungen. Dem „Spiegel“ und seinen zwölf Partnern vom Recherchenetzwerk European Investigative Collaboration (EIC) waren die sogenannten Malta Files zugekommen: Datensätze, die einen tiefen Einblick in das maltesische System von Firmengründungen bieten und die Inhaber der Briefkastenfirmen benennen.
Im Kampf gegen die Briefkastenfirmen befinden sich auch viele bekannte deutsche Namen unter den Verdächtigen, die mit Tochterunternehmen offiziell Geschäftstätigkeiten auf der Insel nachgehen. Darunter befinden sich unter anderem:
- BMW
- BASF
- Deutsche Bank
- Puma
- Merck
- Bosch
- K+S
- Rheinmetall
- Lufthansa
Allein der Flugzeugriese unterhält laut den Veröffentlichungen satte 18 Tochterfirmen auf der Insel. Das französische Enthüllungsportal „Mediapart“ enthüllte zudem die Gesamtzahl von rund zwei Milliarden Euro, die der Europäischen Union jedes Jahr von der nur rund 430.000 Einwohner fassenden Insel durch die steuerfliehenden Firmen entzogen werden.
So scheint es auch im Zusammenhang mit der in Deutschland stattfindenden Geldwäsche nicht verwunderlich, dass die Untersuchungen im „Panama Europa“ zu den Themen Steuerflucht, Geldwäsche und Korruption erst jetzt richtig in Fahrt kommen.
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