Chancengleichheit erreicht: Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern beseitigt

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Im Fall vor dem Bundesarbeitsgericht Erfurt (8 AZR 450/21) ging es um einen langwierigen Rechtsstreit zwischen einer weiblichen Arbeitnehmerin und ihrem Arbeitgeber. Die Klägerin behauptete, dass sie aufgrund ihres Geschlechts eine geringere Bezahlung erhielt als ihre männlichen Kollegen, obwohl sie die gleiche Arbeit verrichtete. Das Gericht führte umfangreiche Untersuchungen durch und fand heraus, dass die Behauptungen der Klägerin zutreffend waren. Das Urteil wurde als bedeutender Schritt in Richtung Lohngleichheit angesehen und erlangte eine hohe mediale Aufmerksamkeit. Das Urteil wird voraussichtlich zu einer verstärkten Sensibilisierung der Arbeitgeber führen, um sicherzustellen, dass Frauen und Männer für gleichwertige Arbeit gleich bezahlt werden.

Urteil: Bundesarbeitsgericht Erfurt bestätigt Anspruch auf gleichen Lohn

Am 16. Februar 2023 wurde ein Urteil auf Basis einer Klage einer Vertriebsmitarbeiterin gegen ihren vorigen Arbeitgeber gefällt. Die Arbeitnehmerin hatte am 1. März 2017 ihre Anstellung begonnen und hatte mit ihrem damaligen Arbeitgeber einen Einzelvertrag abgeschlossen, in dem ein Grundgehalt von 3.500,00 Euro brutto vereinbart war. Ab dem 1. November 2017 sollte sie außerdem eine Vergütung erhalten, die vom Erfolg abhängig ist.

Der Vertriebsbereich, in dem die Klägerin früher tätig war, bestand neben ihr aus zwei männlichen Kollegen. Im Verfahren wurde von Arbeitnehmerin und Arbeitgeber einvernehmlich festgestellt, dass alle drei im Vertriebsaußendienst arbeiteten und über die gleichen Verantwortlichkeiten und Befugnisse verfügten. Dadurch waren sie alle gleichermaßen für dieselbe Arbeit zuständig.

Einer der männlichen Kollegen war wesentlich länger bei dem Unternehmen angestellt. Im Jahr 2017 betrug seine Betriebszugehörigkeit bereits 32 Jahre. Der Arbeitgeber hatte mit diesem Mitarbeiter am 31. Juli 2018 einen außertariflichen Anstellungsvertrag abgeschlossen, der ein Grundgehalt von 4.500,00 Euro brutto beinhaltete.

Der andere Kollege wurde vom Arbeitgeber am 1. Januar 2017 eingestellt, um die Stelle der langjährigen Vertriebsmitarbeiterin zu übernehmen, die im Oktober 2017 altersbedingt ausschied. Sein Grundgehalt betrug 3.500,00 Euro brutto, und seine Bezahlung war ab November 2017 an den erzielten Umsatz gekoppelt.

Ein weiterer männlicher Mitarbeiter wurde am 1. Januar 2017 vom Arbeitgeber eingestellt, kurz bevor die Arbeitnehmerin ihre Anstellung begann. Dies geschah, um die langjährige Vertriebsmitarbeiterin zu ersetzen, die planmäßig am 31. Oktober 2017 aufgrund ihres Alters ausschied. Dem neuen Mitarbeiter wurde vom Arbeitgeber zu Beginn ein Grundgehalt von 3.500,00 Euro brutto angeboten, und ab dem 1. November 2017 sollte er zusätzlich eine entlohnte Provision erhalten, abhängig von seinem erzielten Umsatz.

Etappen des Verfahrens

Als die Klägerin von dem Unterschied in der Vergütung erfuhr, entschied sie sich dazu, rechtliche Schritte gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber einzuleiten. Sie verlangte von ihm die Differenz zwischen ihrer Einstiegsvergütung und der Vergütung ihres männlichen Kollegen, der am 1. Januar 2017 angestellt wurde. Ihre Forderung basierte auf dem Prinzip der „gleichen Bezahlung für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit“. Trotz ihrer Klage hatte die Arbeitnehmerin sowohl in erster als auch in zweiter Instanz keinen Erfolg.

In seinem Berufungsurteil vom 3. September 2021 (1 Sa 358/19) hatte das Landesarbeitsgericht Sachsen die Überzeugung vertreten, dass die Erhöhung des Grundgehalts des anderen Arbeitnehmers notwendig war, um ihn erfolgreich für das Unternehmen zu rekrutieren. Das Gericht betonte, dass das Streben nach der Einstellung qualifizierter Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter ein berechtigtes Interesse darstellt und somit eine unterschiedliche Vergütung gerechtfertigt sein kann.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts schafft Klarheit für Arbeitnehmer

Das Bundesarbeitsgericht vertrat am 16. Februar 2023 eine andere Meinung als das Landesarbeitsgericht Sachsen. Es hob dessen Urteil auf und sprach der Klägerin einen Anspruch auf eine Vergütungsdifferenz von EUR 14.500,00 brutto und eine Entschädigungszahlung in Höhe von EUR 2.000,00 zu.

Die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts bestätigt, dass die Arbeitnehmerin aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert wurde. Die genauen Gesichtspunkte, auf die sich das Gericht stützt, um diese Entscheidung zu treffen, sind noch nicht vollständig bekannt, da die ausformulierten Entscheidungsgründe noch ausstehen.

Weil im Rechtsstreit eindeutig festgestellt wurde, dass die Klägerin und ihre männlichen Kollegen gleichwertige Tätigkeiten ausgeführt haben und die Klägerin dennoch ein niedrigeres Grundgehalt als ihre männlichen Kollegen erhielt, konnte sie sich gemäß § 22 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf die Vermutung stützen, dass eine geschlechtsbedingte Benachteiligung vorliegt.

In der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts wurde festgestellt, dass der Arbeitgeber die geschlechtsspezifische Diskriminierung nicht entkräften konnte. Insbesondere konnte der Arbeitgeber nicht argumentieren, dass das höhere Grundgehalt des anderen Arbeitnehmers von März bis Oktober 2017 aufgrund einer höheren ausgehandelten Vergütung zustande kam.

Praxisrelevanz des Urteils im Kontext der Umsetzung

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Februar 2023 hat bereits vielfach den Titel „Meilenstein für Lohngerechtigkeit“ erhalten. Meiner Meinung nach hatte das Bundesarbeitsgericht jedoch bereits mit seinem Grundsatzurteil vom 21. Januar 2021 (8 AZR 488/19) die entscheidenden Weichen gestellt. In diesem Urteil erkannten die Richter in Erfurt erstmals an, dass eine geschlechtsspezifische Diskriminierung vermutet wird, wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer für gleiche oder gleichwertige Arbeit weniger Vergütung erhält als eine Kollegin oder ein Kollege des anderen Geschlechts.

Eine mögliche Argumentationslinie des Arbeitgebers könnte darauf basieren, dass die unterschiedliche Vergütung aufgrund tariflicher Bestimmungen oder kollektivrechtlicher Vereinbarungen erfolgt. Der Arbeitgeber müsste nachweisen, dass die Gehaltsunterschiede auf entsprechenden tarifvertraglichen Regelungen beruhen.

Es sollte klargestellt werden, dass die Ungleichbehandlung der Geschlechter nicht auf Diskriminierung beruht, sondern auf geschlechtsunabhängigen Unterschieden. Zum Beispiel könnte die Arbeitsbelastung oder Verantwortung in bestimmten Positionen eine Entgeltdifferenzierung rechtfertigen. Diese Differenzierung muss jedoch auf einem legitimen Ziel des Unternehmens basieren und angemessene Mittel verwenden, um dieses Ziel zu erreichen.

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21. Januar 2021 betont, dass die Anerkennung von Berufserfahrung als objektives Kriterium genutzt werden kann, das nichts mit geschlechtsbezogener Diskriminierung zu tun hat, um die Leistung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anzuerkennen. Normalerweise gehen Dienstalter und Berufserfahrung Hand in Hand, und eine längere Berufserfahrung führt in der Regel zu einer besseren oder effizienteren Arbeitsleistung. Jedoch ist zu beachten, dass das Urteil klärt, dass dieser Zusammenhang nicht uneingeschränkt gilt, da eine erweiterte Berufserfahrung nicht zwangsläufig zu einer Steigerung der Arbeitsqualität führt. Es ist wichtig, die Unterscheidung zwischen der Vergütung der Berufserfahrung und einer diskriminierenden Vergütung aufgrund des Lebensalters zu treffen.

Fazit

Die positive Entscheidung vom 16. Februar 2023 wird voraussichtlich eine Motivation bei anderen Personen hervorrufen, die vermuten, dass ihnen eine geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung bei der Bezahlung widerfährt. Diese Personen werden sich ermutigt fühlen, sich zur Wehr zu setzen. Daraus resultiert eine wahrscheinliche Zunahme von Klagen wegen ungerechtfertigter Gehaltsunterschiede und die verstärkte Inanspruchnahme von Auskunftsrechten gemäß dem Entgelttransparenzgesetz. Trotzdem werden viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiterhin Schwierigkeiten haben, verlässliche Informationen zu erhalten.

Um ein Auskunftsverlangen zu stellen, muss das Entgelttransparenzgesetz voraussetzen, dass im Betrieb, in dem der oder die Beschäftigte tätig ist, mehr als 200 Beschäftigte beim selben Arbeitgeber beschäftigt sind. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Februar 2023 hat meines Erachtens nach, trotz einiger kritischer Stimmen, keine negativen Auswirkungen auf die Privatautonomie. Kollektivarbeitsrechtliche Entgeltsysteme werden hauptsächlich durch Tarifverträge definiert und müssen gemäß § 4 Absatz 4 des Entgelttransparenzgesetzes diskriminierungsfrei sein.

Obwohl Arbeitgeber und Arbeitnehmer außerhalb von Entgeltsystemen Vertragsfreiheit in Bezug auf die Höhe des Entgelts haben, gibt es dennoch bestimmte Grenzen. Gesetzliche Regelungen wie der Mindestlohn und Gleichbehandlungspflichten, wie die Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern, begrenzen die Gestaltungsspielräume.

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