Ein Tarifvertrag, wie der für den Einzelhandel, kann große Vorteile für die Beschäftigten bringen. Denn wer Mitglied in der Gewerkschaft ist, die ihn aushandelt, verdient mehr. Doch auch Nicht-Mitglieder können profitieren, allerdings nicht immer.
Der Tarifvertrag im Einzelhandel
Gerade Beschäftigte im Einzelhandel profitieren ganz häufig von einem Tarifvertrag, denn in der gesamten Branche gibt es gleich mehrere unterschiedliche. Meist ist es so, dass sich die Tarifparteien bei dem Abschluss eines Tarifvertrags für den Einzelhandel auf bestimmte Absprachen einigen und diese dann regionale Gültigkeit haben.
Je nach Wohn- und Arbeitsort der Beschäftigten gelten also unterschiedliche Tarifverträge im Einzelhandel. Aber nicht nur das: Auch die Unternehmen selbst können eigne Tarifverträge haben. Das ist besonders häufig bei den großen Unternehmen der Fall. Diese orientieren sich dann nicht zwingend an den Vorgaben von beispielsweise verdi, sondern handeln mit ihren Beschäftigten einen eigenen Tarifvertrag aus. Der kann dann gut und gerne mal einige Prozentpunkte von anderen Tarifverträgen im Einzelhandel abweichen.
Tarifvertrag: Definition, Inhalt, Arten und Gültigkeit von Tarifverträgen
Bevor wir weiter in die Materie „Tarifvertrag im Einzelhandel“ einsteigen, sollten wir uns damit beschäftigen, was ein Tarifvertrag überhaupt ist. Um einen Tarifvertrag abzuschließen, benötigt man zunächst einmal zwei Tarifparteien. Das sind in der Regel die Arbeitgeber und ihre Vertreter und Verbände auf der einen Seite und die Arbeitnehmer und Gewerkschaften auf der anderen Seite. Diese beiden Parteien einigen sich nun auf verbindliche Regeln der Zusammenarbeit und halten diese schriftlich in einem Vertrag fest.
Folgende Bereiche können dabei tariflich geregelt werden:
- Höhe des Gehaltes oder Lohnes
- Urlaubszeiten und -anspruch
- Durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit
- Regelungen zur Kündigung und Aufhebungsverträgen
- Regelungen zu den generellen Arbeitsbedingungen
- Regelungen für den Fall einer Arbeitsunfähigkeit
Auch die Geltungsdauer, also die Laufzeit des Tarifvertrages, wird in der Regel im Vertrag festgehalten. Gegen Ende der Laufzeit werden dann meist neue Vereinbarungen ausgehandelt. Das ist auch der Zeitraum, in dem es häufig zu Warnstreiks und Streiks kommt.
Zudem werden in Deutschland die Vorgaben für den Tarifvertrag im Einzelhandel durch das Gesetz bestimmt. Gesetzliche Grundlage ist dabei das Tarifvertragsgesetz (TVG). Ein Punkt dabei besagt, dass die Regeln des Tarifvertrags schriftlich festgehalten werden müssen, um gültig zu sein. Das ist einer der Gründe, warum in Deutschland das Vertragswerk immer in schriftlicher Form vorliegt.
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Tarifvertrag im Einzelhandel: Tarifautonomie und Gültigkeit
Informiert man sich über den Tarifvertrag im Einzelhandel hört und liest man häufig das Stichwort „Tarifautonomie“. Dieser Punkt ist so wichtig, dass er im Grundgesetz geregelt ist, nämlich in Artikel 9 Abs. 3 GG.
Er besagt, dass nur die Tarifparteien das Recht haben, einen gültigen Tarifvertrag auszuhandeln. Andere Vertretungsverbände, wie politische Parteien, oder die öffentliche Verwaltung haben kein Mitspracherecht, ja es wird ihnen sogar gesetzlich untersagt, sich in die Verhandlungen einzumischen. Lediglich als Schlichter dürfen andere Vertreter bei der Aushandlung eines Tarifvertrages zu Wort kommen.
Die Gültigkeit des Tarifvertrages für den Einzelhandel hängt davon ab, wo Sie arbeiten. Ist ihr Arbeitgeber in einem Arbeitgeberverband organisiert, der einem Tarifvertrag angehört, gilt der entsprechende Vertrag auch für Sie. Das bedeutet, dass Sie damit auch an jedem neuen Abschluss der Tarifparteien beteiligt sind, ohne etwas dafür tun zu müssen. Von der Unterstützung bei Streiks einmal abgesehen.
In der Regel sind alle Mitarbeiter eines Unternehmens an dem Tarifvertrag des Arbeitgebers beteiligt, auch die Mitarbeiter, die nicht der Gewerkschaft angehören. Allein schon deshalb, weil die Mehrzahl der Arbeitgeber daran interessiert ist, den Frieden in dem Unternehmen zu wahren.
Mitarbeitern, die nicht Mitglied der Gewerkschaft sind, die gleichen Rechte und auch Bezahlung zu zugestehen, die auch die Gewerkschaftsmitglieder erhalten, ist aber eine rein freiwillige Leistung. Diesen Arbeitnehmern fehlt nämlich eine Interessenvertretung, die sich für sie einsetzen könnte. Aus diesem Grund müssten Nicht-Gewerkschaftsmitglieder ihre Verträge streng genommen eigentlich selbst aushandeln.
Für diese Mitarbeiter gilt der Tarifvertrag nicht
Wie wir gesehen haben, kann es also durchaus vorkommen, dass es Beschäftigte im Unternehmen gibt, die nicht unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages für den Einzelhandel fallen. In unserem Beispiel von eben waren das diejenigen Mitarbeiter, die nicht einer Gewerkschaft, wie beispielsweise verdi angehören.
Daneben gibt es aber auch noch eine weitere Berufsgruppe, für die der Tarifvertrag keine Gültigkeit hat. Die Rede ist von leitenden Angestellten. Sie sind in der Regel von dem Tarifvertrag ausgeschlossen, da sie streng genommen nicht zu den Beschäftigten zählen.
Laut Organigramm der meisten Unternehmen zählen leitende Angestellte nämlich zu der Führungsriege und stehen dementsprechend auf der anderen Seite der Tarifparteien.
Tarifvertrag im Einzelhandel: Diese Arten gibt es
Unterschiedliche Gewerkschaften, wie beispielsweise verdi, handeln für ihre Mitglieder unterschiedliche Tarifverträge aus. So kommt es, dass es je nach beteiligten Tarifparteien ganz unterschiedliche Tarifverträge im Einzelhandel gibt. Grob lassen sich die Tarifverträge im Einzelhandel nach räumlichen, inhaltlichen und zweckbezogenem Geltungsbereich unterscheiden.
Die Übersicht:
Der zweckbezogene Tarifvertrag
Hierbei unterscheidet man vier verschiedene Arten
- Der Anschlusstarifvertrag:
Dabei vereinbaren die Tarifparteien, dass sie entweder teilweise oder komplett einen anderen Tarifvertrag übernehmen, der fortan alleine Geltung hat. - Der Änderungstarifvertrag:
Damit hat man die Möglichkeit, bestimmte Teile eines bestehenden Tarifvertrages zu ändern. - Der Ergänzungstarifvertrag:
Damit lässt sich ein bestehender Tarifvertrag um bestimmte Teile erweitern. - Der Anerkennungstarifvertrag:
Von dieser Art eines Tarifvertrages spricht man dann, wenn ein nicht-tarifgebundener Betrieb einen bestehenden Flächentarifvertrag übernimmt und für seine Beschäftigten anwendet.
Der inhaltliche Tarifvertrag
Nach dem Inhalt lassen sich ebenfalls unterschiedliche Arten von Tarifverträgen unterscheiden, hierbei sind es drei
- Der Rahmentarifvertrag:
Diese Art wird auch häufig Manteltarifvertrag genannt. Damit meint man, dass man mit diesem Tarifvertrag bestimmte rahmengebende Bedingungen aushandelt und verbindlich festhält. - Der Vergütungstarifvertrag:
Dieser Vertrag bestimmt die Bezahlung der Beschäftigten und alle Modalitäten, die damit in Zusammenhang stehen. - Der Tarifvertrag über sonstige Leistungen:
Diejenigen Dinge, die weder in dem Rahmentarifvertrag noch in dem Vergütungstarifvertrag geregelt werden, kann man in dieser Art des Tarifvertrags für den Einzelhandel festhalten.
Der räumliche Bereich
Auch nach seiner räumlichen Geltung kann man die unterschiedlichen Tarifverträge einteilen. Zwei verschiedene Arten lassen sich dabei unterscheiden
- Der Haustarifvertrag:
Manchmal auch Firmentarifvertrag genannt, richtet sich einzig und allein an die Beschäftigten des jeweiligen Unternehmens und die Gewerkschaft, die man dort gegründet hat. - Der Flächentarifvertrag:
Dieser Tarifvertrag ist das genaue Gegenteil des oben beschriebenen Haustarifvertrags. Er wird nämlich für sehr viele Beschäftigte und häufig auch für viele Unternehmen geschlossen, so dass alle Mitglieder der Gewerkschaft und alle Angehörigen des Arbeitgeberverbandes unter den Geltungsbereich dieses Tarifvertrags für den Einzelhandel fallen.
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