Der Verbrauchsgüterkauf hat eine einfache Definition, aber eine breite Spur von Unmut in der Bevölkerung. Wir stellen das teilweise sehr ärgerliche Thema umfassend vor, geben Beispiele zur anschaulichen Darstellung. Wir zeigen auch wichtige Themen wie Verjährung und Beweislastumkehr auf.
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Verbrauchsgüterkauf: Definition und die §§ 474-479 des BGB
Der Verbrauchsgüterkauf betrifft alle Käufe, bei denen ein Verbraucher von einem Unternehmer eine sogenannte bewegliche Sache erwirbt. Eine Ausnahme stellt der Erwerb einer Sache bei einer öffentlichen versteigerung dar. Dieser Sonderfall wird im § 474 I 2 des BGB abgebildet.
Der Gesetzgeber möchte durch das Regeln des Verbrauchsgüterkaufs den Verbraucher als Käufer stärker schützen, als dies bei einem gewöhnlichen Kaufvertrag der Fall ist.
Gefahrenübergang beim Versendungskauf (§ 474 II BGB)
Der Versendungskauf ist heutzutage sehr üblich, gerade wenn man bedenkt, wieviele Artikel seit dem letzten Jahr online geordert werden. Eine gewichtige Frage stellt hier der Gefahrenübergang dar. Es ist ein Synonym für das Transportrisiko und die Frage „Was passiert, wenn meine Warensendung vom Paketdienst verschlampt wird?“.
Zunächst nimmt sich der § 447 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) der Frage an. So ist der Versendungskauf ein Kauf-Geschäft. Der Käufer verlangt von Verkäufer, dass dieser eine Ware an einen anderen Ort sendet, der nicht der Erfüllungsort ist. Der Erfüllungsort war früher klassischerweise das Ladengeschäft des Verkäufers. Im Onlinehandel ist eine Übergabe im Geschäft des Verkäufers nun nicht möglich.
Für gewöhnlich trägt der Käufer nach der Übergabe der Sache an das Transportunternehmen alle Gefahren (Untergang der Ware, Beschädigung der gekauften Sache). Der Verbrauchsgüterkauf nimmt die Situation „B2C: Unternehmen verkauft an Konsument“ heraus und regelt genau diesen Sachverhalt anders. Hier greift der § 447 BGB nicht, denn der § 474 Abs. 1 BGB sieht hier eine Ausnahme vor: Der Unternehmer übernimmt im Fall des Verbrauchsgüterkaufs
- stets und immer
- die Haftung für Transportschäden
- die Haftung beim Untergang der Ware auf dem Transportweg
Der Unternehmer kann diese Verpflichtung auch nicht in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) anders vereinbaren, als es im § 474 Abs. 1 BGB festgelegt ist. Dies sieht der § 307 BGB (Abs. 1 + 2) vor. Das Transportrisiko ist eine solche Gefahr, die nicht auf den Verbraucher abgewälzt werden kann. Wenn ein Unternehmen in seinen AGB das Transportrisiko auf den Käufer abwälzten möchte, dann sind derlei Klauseln nicht nur unwirksam, sie können auch abgemahnt werden.
Noch im Jahr 2011 entschied das OLG Hamm anders (OLG Hamm, Urteil vom 24.05.2011 – Aktenzeichen I-2 U 177/10), doch mittlerweile ist die Rechtslage eindeutig, wie man einem Urteil des Amtsgerichts Bonn (AG Bonn, Urteil vom 08.07.2015 – Aktenzeichen 103 C 173/14) entnehmen kann.
Mängelhaftung beim Verbrauchsgüterkauf (§ 474 II BGB)
Ein Unternehmen kann seine Haftung für Mängel bei einem Verbrauchsgüterkaufs nicht einschränken. Tritt ein solcher Mangel an der Kaufsache ein, nachdem vorher bereits eine Einschränkung der Käuferrechte vereinbart wurde, dann nützt dies dem Unternehmen dennoch nichts. Hier hebt der § 475 I BGB seine schützende Hand über den Verbraucher und verbietet
- abweichende Vereinbarungen über den Anspruch auf Nachbesserung
(§§ 437 Nr. 1, 439 BGB) - abweichende Vereinbarungen über das Rücktritts- und das Minderungsrecht
(§§ 437 Nr. 2, 440, 441 BGB)
Andersherum sind vertragliche Beschränkungen des Schadensersatzanspruches aus den Paragraphen 437 Nr. 3, 440, 280 ff. BGB zulässig, soweit sie nicht durch die Paragraphen 307 – 309 BGB eingeschränkt werden.
Mängelhaftung beim Verbrauchsgüterkauf (§ 437 BGB)
Bei den Mängelrechten des Käufers (§ 437 BGB) ist auch die Frage der Verjährung zu klären. Hier ist es interessant, dass die Verjährung nur dann verkürzt werden kann, wenn diese Verkürzung nach der Mitteilung eines Mangels geschieht.
Verjährung beim Versendungskauf (§ 438 BGB)
Erfolgt die Verkürzung der Verjährungsfrist von Mängelansprüchen etwa im Vertrag, der ja vor der Mitteilung des Mangels geschlossen wurde, so ist diese vereinbarte Verkürzung der Verjährung schlichtweg unwirksam. Hier gilt die Regelung, dass jede solche Vereinbarung einer Verjährungsfrist unwirksam ist, wenn sie
- die Verjährungsfrist auf unter zwei Jahre bei neuen Sachen (Waren)
- die Verjährungsfrist auf unter ein Jahr bei gebrauchten Sachen (Waren)
setzt. Dies ist im Paragraph 475 II BGB geregelt.
Schadensersatz beim Versendungskauf (§ 438 BGB)
Das Thema Schadensersatz kommt vorzugsweise bei Transportschäden auf den Tisch. Bestellt man bei einem Unternehmen Ware, kommt es immer wieder vor, dass diese auf dem Transportweg vom Unternehmen zum Verbraucher beschädigt wird oder sogar verschwindet. Fragt der Verbraucher beim Unternehmen nach, erhält man nicht selten den Hinweis „Den Transportschaden müssen Sie beim Transportunternehmen geltend machen.“. Ist das so?
Beim Verbrauchsgüterkauf kann der Verbraucher bei einem solchen Transportschaden einen Sachmangel nach § 434 BGB anmelden. Dies liegt daran, dass der Sachmangel eben vor dem Gefahrenübergang an den Verbraucher stattfandt. Der Gefahrenübergang an den Verbraucher findet eben mit der Übergabe an ihn statt, also nachdem er auf dem Transportweg beschädigt wurde.
Der Verbraucher hat nun nach § 427 BGB die Wahl, wie er reagieren kann.
- Einfordern der Nacherfüllung (Ersatzlieferung eines einwandfreien Artikels oder Beseitigung des Mangels/Schadens)
- Rücktritt vom Vertrag
- Einfordern von Schadensersatz (aus der Beschädigung)
- Erklären des Widerrufs (Widerruf aus dem Fernabsatzgesetz)
Erklärt der Verbraucher den Widerruf, muss das Unternehmen dem Käufer den vollen Kaufpreis erstatten. In diesem Fall muss der Käufer die Waren an das Unternehmen zurücksenden.
Diese Regelung ist sehr zum Leidwesen der Online-Händler. Diese sind stets im Obligo bzgl. des Transportschadens. Das Unternehmen muss sich mit dem Transportunternehmen herumschlagen und ermitteln, was mit der Ware geschehen ist. Wenn das Unternehmen den Verbraucher dazu verpflichten will, dies zu tun, so ist dies unzulässig. Dies betrifft Lieferverzögerungen ebenso wie Transportschäden.
Beweislastumkehr beim Verbrauchsgüterkauf (§ 476 BGB)
Beim Verbrauchsgüterkauf gilt eine Beweislastumkehr, die sich aus dem § 476 BGB ergibt. Dort heißt es: „Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar.“
In diesen ersten sechs Monaten muss dann das Unternehmen den Nachweis führen (Beweislast), dass der Mangel zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs noch nicht bestand. Nach Ablauf der 6-Monate-Frist ist der Verbraucher im Obligo und muss selbst den Nachweis führen.
Ein Sonderfall ist dann gegeben, wenn nach Monaten ein Mangel beanstandet wird, der so offensichtlich ist, dass er auch schon zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs hätte bemerkt werden müssen. Das wäre beispielsweise eine Beule in einem Auto, die auch von außen leicht erkennbar ist. Hier sagt der BGH, dass dieser Schaden bereits direkt nach der Übergabe hätte beanstandet werden müssen.
Garantie beim Verbrauchsgüterkauf (§ 443 BGB)
Der Käufer hat Rechte aus einer Garantie auch beim Verbrauchsgüterkauf. Hinzu kommt, dass der Käufer als Verbraucher zusätzliche Rechte aus dem § 477 des BGB erhält. Hier werden besondere formelle Voraussetzungen für Garantieerklärungen gefasst. So muss eine Garantieerklärung einfach und leicht verständlich verfasst worden sein. Die Garantieerklärung muss zudem auf die Koexistenz der Garantie und der Rechte des Verbrauchers aus den Paragraphen 437 (und nachfolgenden) des BGB hinweisen. Die Garantieerklärung muss auch bestimmte Angaben enthalten, welche die Geltendmachung der Garantie betreffen. (§ 477 I BGB).
Verbraucher haben hier ein weiteres Recht: Sie können nach § 126b und § 477 II BGB verlangen, dass ihnen die Garantieerklärung in Textform zur Verfügung gestellt wird.
Hinweis: Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar. Der Artikel erstezt auch keine Anwaltliche Beratung. Wir übernehmen keine Haftung für das Anwendung des hier Gelesenen und empfehlen in jedem Fall eine anwaltliche Beratung, gerade auch im Hinblick auf die in jedem individuellen Fall unterschiedlichen Gegebenheiten.
Häufige Fragen zum Verbrauchsgüterkauf
Wie kommt ein Verbrauchsgüterkauf zustande?
Gemäß dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wird ein Verbrauchsgüterkauf abgeschlossen, wenn zwischen dem Letztverkäufer und dem Endabnehmer eine Transaktion über eine „neu hergestellte Sache“ erfolgt. Der Verkäufer, der die Ware an den Letztverkäufer geliefert hat, muss dabei die Eigenschaft eines Unternehmers im Sinne des § 14 BGB aufweisen.
Ist ein Autokauf ein Verbrauchsgüterkauf?
Ja. Gemäß einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) wurde zugunsten des privaten Käufers entschieden. Dabei handelt es sich um einen Verkauf eines Autos von einer GmbH an eine Privatperson, der in der Regel als Verbrauchsgüterkauf eingestuft wird. Der private Käufer profitiert dabei von den besonderen Schutzbestimmungen gemäß den §§ 474 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 13. Juli 2011 hervor (AZ: VIII ZR 215/10)
Wann gilt 447 BGB nicht?
Der § 447 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gilt nicht im Kontext von B2C-Geschäften, da es sich hierbei um Verbrauchsgüterkäufe handelt. Verbrauchsgüterkäufe werden nach § 474 Abs. 1 BGB definiert als Verträge zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmen, bei denen der Verbraucher eine Ware kauft oder die Erbringung einer Dienstleistung erwartet.
Gemäß § 475 Abs. 2 BGB wird der Verbraucher bei Vorliegen eines solchen Geschäfts privilegiert. In diesem Fall tritt die Vorschrift zur Gefahrtragung nach § 447 BGB nicht in Kraft, es sei denn, es handelt sich um spezielle Ausnahmefälle. Im Verbrauchsgüterkauf übernimmt grundsätzlich der Unternehmer das Transportrisiko und somit die Haftung für Transportschäden oder den Verlust der Ware.